Freitag, 15. Januar 2016

Punk's not dead – Szene revisited


Irgendwo zwischen „Na gut, auf ein gute Nacht Bier“ und „Gott sei Dank, ein Dönerladen der um fünf geöffnet hat“ liegt eine verschwitzte, stickige und laute Nacht.

Vorm Tante Manfred angekommen, war dort alles voller Zecken. Vor 6, 7 Jahren wäre ich hier nicht groß aufgefallen. An diesem Abend fühlte ich mich etwas fehl am Platz. „Bin da, kannst du mal raus kommen?“ Schlappe 10min geniert umher gucken und mit dem Fuß im Dreck scharren später steht vor mir ein gut abgefüllter, schwitzender, euphorischer Christian. „Ich muss wieder rein, war gerade am pogen“… sagt mein Freund, den man an jedem anderen Wochenende eher genüsslich zuckend im Club findet, als auf irgendeinem kleinen, verdreckten Rockkonzert. Ich erinnere mich an unser Gespräch am Telefon nur wenige Stunden vorher: „Ja, da spielen ein paar Bands, Hardcore, Punk oder so, Trash halt“. „Nicht alles, was dir nicht gefällt ist Trash“ hatte ich noch lachend erwidert.
An der Schwelle zum Konzertraum erschlug mich besagter Trash dann zusammen mit einer Wand aus Schweiß und Bier. Auf ein gute Nacht Bier hatte ich gesagt. Da drückt mir Christian einen Zwanni in die Hand und meint, hol dir was zu trinken. „Ein Sterni bitte“- „Een Euro“ meint der nette Skinhead hinter der Bar. Ich will jetzt nicht sagen, dass aus meinem einen gute Nacht Bier zwanzig geworden sind, aber sagen wir weit mehr als eines.

Da stehe ich also mit meinem Sterni eingequetscht in der Menge rum, eine Verschwitzte unter Schwitzenden und kann nicht anders, als vor mich hin zu grinsen. Noch vor einer Stunde war ich bei einem wesentlich gediegeneren Stoner Konzert ganz in der Nähe. Dort wurde bestenfalls ordentlich und höflich, in Reih und Glied mit dem Kopf gewackelt, nach dem Motto „ja, ja das rockt“ und „nein, nein hört bloß nicht auf zu rocken“.



Hier nun wird Euphorie etwas physischer ausgedrückt. Und während ich immer wieder mal einen verschwitzten Körper zurück ins Chaos schubse, bekomme ich harte Nostalgie Feelings über mein 16 jähriges Ich, bei dem „bei Sophie schlafen“ der offizielle Code war für ein Punk-Konzert in Weimar, auf das ich im Leben nicht hätte gehen dürfen. 

Im Nieselregen erhole ich mich von meinem ich-weiß-wirklich-nicht-mehr-wievielten Bier und unterhalte mich mit einem Wandergesellen ich-weiß-wirklich-nicht-mehr-worüber. Irgendwie hat es dazu geführt, dass er es gerne gehabt hätte, wenn meine kleine Wohnung zu seiner kleinen Herberge geworden wäre. Bei solchen Angeboten weiß ich in der Regel, dass der Abend lang genug war.

Also verlasse ich die Szene wieder, aber nicht ohne das Gefühl ein willkommener Gast, ein lange vermisster Freund gewesen zu sein.

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